Ausrichtung des Planktons beeinflusst Ozeanklima

Leipzig, 22.06.2011

Streuung des Lichts bisher nicht ausreichend berücksichtigt

Leipzig. Es ist ein Effekt, der tagtäglich zigtausendfach in den Laboren der Welt beobachtet wird, dessen Bedeutung für die Klimaforschung aber bisher unbeachtet blieb: Ein kurzes Schütteln einer Petrischale mit einer Bakterienkultur verursacht einen durchscheinenden Strudel, wenn die Konzentration der Kultur hinreichend groß ist. Eine internationales Wissenschaftlerteam unter Beteiligung von Prof. Andreas Macke, Direktor des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung, konnte diesen optischen Effekt nun erklären. In einer Veröffentlichung des renomierten Wissenschaftsjournals “Proceedings of the National Acadamy of Sciences” (PNAS) berichten die Forscher, dass sich die üblicherweise länglich geformten Bakterien in den Bereichen größter Scherung ausrichten und so das einfallende Licht stärker nach vorne streuen als zufällig orientierte Partikel. Dieser Orientierungseffekt trifft grundsätzlich auch für Plankton in der obersten Ozeanschicht zu und würde so eine größere Eindringtiefe des Sonnenlichtes verursachen, als bisherige Modelle erklären konnten.

 

Der Windschub an der Ozeanoberfläche veursacht eine vertikale Windscherung, in der sich länglich geformte Phytoplankton-Partikel und Bakterien ausrichten können. Moderate Schergeschwindigkeiten können das Rückstreuen des Lichts durch natürliche mikrobielle Ansammlungen um 20 Prozent erhöhen und während der Planktonblüte können schon geringe Geschwindigkeiten zu Veränderungen von über 30 Prozent führen. Eine größere Eindringtiefe des Sonnenlichtes hätte Konsequenzen für die Photosyntheserate, die Primärproduktion und schließlich die Kohlendioxidaufnahme des Ozeans. Die Studie weist auf ein subtiles Zusammenspiel zwischen Strömung, Meeresbiologie und Optik hin. "Diese Ergebnisse liefern weitere Beweise dafür, dass biophysikalische Wechselwirkungen auf der Mikroskala eine wesentliche Rolle im globalen Maßstab der marinen Prozesse spielen können“, erklärt Andreas Macke.

 

Mit der orientierungsbedingen Veränderung der Lichtdurchläßigkeit ist auch eine Veränderung des reflektierten Sonnenlichtes verbunden. Dieses wird zur satellitengestützen Erfassung des Planktongehaltes über den Weltmeeren genutzt, so dass auch hier eine Korrektur der bisher erfassten Planktonmengen notwendig werden kann. Macke hatte ähnliche Orientierungseffekte bereits für Eiskristalle in Cirruswolken aufgegezeigt.

 

Publikationen:

Marcos, Justin R. Seymour, Mitul Luhar, William M. Durham, James G. Mitchell, Andreas Macke and Roman Stocker (2011): Microbial alignment in flow changes ocean light climate. PNAS. March 8, 2011. vol. 108 no. 10 3860-3864 http://dx.doi.org/10.1073/pnas.1014576108

Die Studie wurde vom Australian Research Council, dem Massachusetts Institute of Technology und der National Science Foundation gefördert.

Klotzsche, S.; Macke, A. (2006): Influence of crystal tilt on solar irradiance of cirrus clouds. Applied Optics 45(5), 1034-1040 http://dx.doi.org/10.1364/AO.45.001034

 

Weitere Infos:

Prof. Andreas Macke

Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (IfT)

Tel. 0341-235-3210 http://www.tropos.de/ift_personal.html

 

Links:

Video:

http://www.pnas.org/content/suppl/2011/02/18/1014576108.DCSupplemental/sm01.mov

 

Plaktonblüte im Ozean (Golf von Biskaya).
Aufnahme: Envisat-MERIS
Credit: European Space Agency (ESA)
http://earth.eo.esa.int/cgi-bin/satimgsql.pl?show_url=4&startframe=0

Plaktonblüte im Ozean (vor Irland).
Aufnahme: Envisat-MERIS
Credit: European Space Agency (ESA)
http://www.esa.int/esaEO/SEM09F5OJCG_index_1.html