EarthCARE blickt in das Auge des tropischen Wirbelsturms Vince
Leipzig, 16.06.2025 – Sebastian Bley
erster synergetischer Datensatz aus dem Weltraum für einen tropischen Wirbelsturm wie Vince
Ein seltener Blick in das Auge des tropischen Wirbelsturms Vince dank des multispektralen Bildgebungssystems von EarthCARE vermittelte uns ein scharfes Bild der feinen Strukturen in und um die Augenwand und zeichnete einige bemerkenswerte Merkmale des Sturms auf.
Vince bildete sich am 1. Februar 2025 im südwestlichen Indischen Ozean. Auf dem Höhepunkt seiner Intensität erreichte Vince maximale Windgeschwindigkeiten von 248 km/h und einen minimalen Zentraldruck von 923 hPa.
Am selben Tag, dem 7. Februar, an dem Vince als sehr intensiver tropischer Wirbelsturm der Kategorie 4 eingestuft wurde, flog der ESA-Satellit Earth Cloud Aerosol and Radiation Explorer (EarthCARE) direkt über ihn hinweg und nahm das Auge des Sturms in hoher Auflösung auf.
Dies ist eine seltene Gelegenheit. Jährlich gibt es nur 20 bis 25 intensive tropische Wirbelstürme, und aufgrund der geringen Ausdehnung, die EarthCARE misst, und der Ausrichtung seiner Umlaufbahn ist ein solches Ereignis seltener als einmal im Jahr zu erwarten.
Der EarthCARE-Daten-, Innovations- und Wissenschaftscluster (DISC) hat die Gelegenheit genutzt und unschätzbare Erkenntnisse über die Struktur und die mikrophysikalischen Eigenschaften der mit dem Sturm verbundenen Cumulonimbuswolke gewonnen.
Klarer Blick in das Auge des Sturms
Der Multispektral-Imager (MSI) ist eines der vier Instrumente an Bord von EarthCARE. Er misst das von Wolken, Aerosolen und der Erdoberfläche reflektierte Sonnenlicht (Strahlungsdichte) in vier sichtbaren Bereichen sowie in der Nähe des Infrarot- und im kurzwelligen Infrarot-Bereiches. Außerdem misst er die emittierte Wärmestrahlung in drei Bändern im thermischen Infrarot.
Diese Messungen dienen als Basis für anspruchsvolle Algorithmen zur Ermittlung von Wolken und Aerosolen und ermöglichen die Berechnung ihrer optischen und mikrophysikalischen Eigenschaften.
MSI zeichnete eine bemerkenswerte minimale Wolkentemperatur von 192 K, oder -81° C, auf. Die extrem kalte Temperatur wird durch eine Wolkenspitzenhöhe von 17 km unterstrichen, was darauf hindeutet, dass die überschießenden Spitzen des Wirbelsturms die Tropopause erreichten oder aufgrund sehr starker Aufwinde sogar in die untere Stratosphäre eindrangen. Dies ist ein deutliches Zeichen für starke Regenfälle, Hagel und Blitze.
Die Messungen des gesamten Flüssig- und Eiswassers des Sturms erreichten 4000 g m-², was extrem hoch ist. Schönwetter-Cumuluswolken haben in der Regel Werte unter 100 g m-², während größere, hochreichende Quellwolken (Cumulus congestus) bis zu etwa 500 g m-² erreichen können. Werte über 3000 g m-² sind selten und werden im Allgemeinen nur mit intensiven tropischen Systemen wie Vince in Verbindung gebracht.
Obwohl MSI nicht den gesamten Sturm erfassen kann, wird die überlegene räumliche Auflösung von MSI (500 m Pixelgröße) deutlich, wenn man die hochauflösende MSI-Schwade mit Bildern von Meteosat-9 überlagert, einem geostationären Satelliten, der den Spinning Enhanced Visible and Infrared Imager (SEVIRI) trägt. In diesem Fall passen etwa 50 MSI-Pixel in ein einziges SEVIRI-Pixel.
Dank dieser verbesserten Auflösung kann MSI feine Details in der Nähe des Sturmauges aufzeigen, was eine genauere Charakterisierung der Extremwerte von wie Temperatur, Höhe und Flüssigkeits- und Eiswasseranteil an der Wolkenoberkante ermöglicht.
Einzigartige Erkenntnisse dank EarthCARE-Synergie
„Was dies wirklich einzigartig macht, ist die Synergie mit den anderen drei EarthCARE-Instrumenten, dem Wolkenprofilradar (CPR), dem atmosphärischen Lidar (ATLID) und dem Breitbandradiometer (BBR)“, sagt Sebastian Bley vom TROPOS.
"Dies ist das erste Mal, dass ein solcher synergetischer Datensatz aus dem Weltraum für einen tropischen Wirbelsturm wie Vince existiert. Dieser Datensatz ist einmalig."
Die Nadirspur (nach unten gerichtete Spur) von CPR und ATLID ist nur wenige Kilometer von der Augenwand entfernt, was bedeutet, dass MSI nicht allein über Zyklon Vince war. ATLID liefert sehr detaillierte Messungen der Wolkenobergrenze, während das CPR Einblicke in die komplexe Wolkendynamik und den Niederschlag liefert, und das BBR die nach oben gerichtete Breitbandstrahlung liefert.
Eine weitere Besonderheit von MSI ist, dass aufgrund des optimalen Schätzalgorithmus alle unsere optischen und mikrophysikalischen Eigenschaften mit Fehlerschätzungen versehen sind, was für Modellierer eine sehr wichtige Information darstellt. Die Fehlerschätzungen für die Höhe der Wolkendecke, den Wasserpfad oder den effektiven Radius können helfen, die Modellunsicherheiten einzugrenzen.
Solche detaillierten Beobachtungen sind von unschätzbarem Wert für das Verständnis der dynamischen und mikrophysikalischen Prozesse tropischer Wirbelstürme, und die rasche Zunahmen bei Vince unterstreicht die Bedeutung moderner Satelliteninstrumente für die Überwachung und Untersuchung extremer Wetterereignisse.
Sebastian Bley
Weitere Informationen finden Sie auf Englisch hier via ESA: https://earth.esa.int/eogateway/success-story/earthcare-stares-into-the-eye-of-tropical-cyclone-vince
Mehr zum Zyklon Vince:
Very Intense Tropical Cyclone Vince > https://en.wikipedia.org/wiki/2024%E2%80%9325_South-West_Indian_Ocean_cyclone_season#Very_Intense_Tropical_Cyclone_Vince
Tropical Cyclone Vince Latest Update > https://www.bwotweather.com/2025/02/08/tropical-cyclone-vince-latest-update-looking-dangerous/
Severe Tropical Cyclone Vince > http://www.bom.gov.au/cyclone/history/vince2025.shtml