In 90 Tagen um den Südpol

Leipzig, 16.12.2016

Leipziger Wissenschaftler umrunden die Antarktis

 

 

Lausanne/Kapstadt/Leipzig. Am 20. Dezember startet die erste Expedition des neu gegründeten Schweizer Polarinstituts (SPI). Auf einem speziell ausgerüsteten, russischen Eisbrecher will das internationale Team dabei erstmals auf einer dreimonatigen wissenschaftlichen Fahrt die Antarktis komplett umrunden. Mit dabei sind auch zwei Wissenschaftler und eine Wissenschaftlerin des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung (TROPOS), die in einem Projekt des Paul Scherrer Instituts PSI die Wolkenbildung im Südpolarmeer untersuchen werden.

 

Das in diesem Jahr neu gegründete Swiss Polar Institute beginnt seine Arbeit gleich mit einem ambitionierten Projekt. Eine Expedition rund um die Antarktis, an der 55 Forschende aus 30 Ländern in 22 Projekten zusammenarbeiten.

Die Antarctic Circumnavigation Expedition (ACE) folgt einer ähnlichen Reiseroute wie vor über 200 Jahren James Cook, der 1773 bis 1775 als Erster den Südpol umfahren hatte. Bei ACE 2016/17 steht die Erforschung der Auswirkungen des Klimawandels sowie der Verschmutzung des Südpolarmeeres im Mittelpunkt. An Bord des neuen Flaggschiffes der russischen Polarforschungsflotte "Akademik Tryoshnikov" wird ein breites Spektrum wissenschaftlicher Disziplinen abgedeckt: Glaziologie, Klimatologie, Biologie und Ozeanografie. „Auch wenn dieser Teil unserer Erde weit entfernt ist, sind die Auswirkungen der menschlichen Tätigkeit und des Klimawandels fur ihn verheerend. Es handelt sich um eine Schlüsselregion, von der der Kohlenstoffzyklus und das Überleben des antarktischen Kontinents abhängen. In den kommenden Jahrhunderten könnte dieser Kontinent beim Ansteigen der Meere eine maßgebliche Rolle spielen“, erklärt Prof. Jean Jouzel, ehemaliger IPCC-Vizepräsident.

Mit an Bord ist eine Forschergruppe, die Aerosolpartikel und Wolken in dieser abgelegenen Region der Erde untersuchen wird, um die Auswirkungen der vom Menschen verursachten Luftverschmutzung auf das globale Klima besser verstehen zu können. „Während wir heute die Wirkung der Kohlendioxid-Emissionen für das Klima bereits recht gut kennen, wissen wir immer noch vergleichsweise wenig über andere, wichtige Prozesse wie die Wechselwirkungen zwischen Aerosolpartikeln und Wolken. Dabei interessieren uns besonders ursprüngliche Bedingungen, um den Zustand in der Atmosphäre heute mit dem in vorindustrieller Zeit vergleichen zu können. Wegen der globalen Luftverschmutzung gibt es solche „Reinluft“-Regionen aber praktisch nicht mehr. Die Antarktis kommt dieser historischen Atmosphäre noch am nächsten“, erklärt Dr. Julia Schmale vom Paul Scherrer Institut PSI, die das Projekt „Study of Preindustrial-like Aerosol Climate Effects (ACE-SPACE)“ leitet. Neben dem PSI und der ETH Zürich aus der Schweiz sind daran auch Forschende der Hebräischen Universität Jerusalem (Israel), der Universitäten Leeds und Cranfield (beide Großbritannien) und das TROPOS beteiligt.

Bei der Antarktis-Umrundung fahren drei WissenschaftlerInnen des TROPOS mit auf der „Akademik Tryoshnikov“. Da die Expedition insgesamt drei Monate dauern wird, haben sich die Wolkenforschenden vom TROPOS diese Aufgabe nach Ozeanen aufgeteilt: Doktorand Markus Hartmann wird die erste Etappe von Kapstadt in Südafrika nach Hobart in Australien absolvieren und dabei mit Crozet und den Kerguelen im äußersten Süden des Indischen Ozeans einige der abgelegensten Inseln zu Gesicht bekommen. Dr. Silvia Henning wird die Kernetappe absolvieren, die von Hobart aus an der Pazifikküste der Antarktis entlang nach Punta Arenas in Chile führen wird. Dr. André Welti schließlich wird das letzte Drittel von Punta Arenas durch den äußersten Süden des Atlantiks zurück nach Kapstadt absolvieren. „Die Möglichkeit, an dieser außergewöhnlichen Expedition teilzunehmen, bietet eine einzigartige Chance, Messungen in diesem abgelegenen Teil der Erde zu machen. Wir erwarten einmalige, wertvolle Daten, mit denen wir unsere Theorien überprüfen können. Gleichzeitig ist es aber auch für die teilnehmenden Wissenschaftler eine große Herausforderung, da es für uns die erste Polarexpedition überhaupt ist “, berichtet Dr. Silvia Henning, die für die Messungen des TROPOS an Bord der Tryoshnikov verantwortlich ist. „Wir ergänzen die umfangreichen Aerosolmessungen unserer Schweizer Kollegen durch die Charakterisierung von Partikeln, die für die Wolkenbildung und die Vereisung von Wolken maßgeblich sind. Wir haben dazu an Bord des Eisbrechers Messinstrumente installiert, die uns Informationen über die chemische Zusammensetzung der Aerosole liefern und mit denen die Wolkenbildungseigenschaften und das Eiskeimpotential der Partikel direkt vor Ort analysiert werden. Hinzu kommen Instrumente zur Probenahme. Die gesammelten Proben werden später in unseren Laboren in Leipzig mit Methoden untersucht, die auf einen Eisbrecher nicht möglich sind.“

Mit den Schweizer Atmosphärenexperten vom PSI verbinden die Leipziger Wolkenforschenden seit vielen Jahren verschiedene Kooperationen. „Daher haben wir die Gelegenheit gerne ergriffen, bei dieser spannenden Expedition dabei zu sein“, sagt Dr. Frank Stratmann, Leiter des TROPOS-Wolkenlabors. „Dies wird uns u.a. Gelegenheit geben interessante Vergleiche zwischen der Süd- und der Nordpolregion durch zu führen.“

Letztere steht im Fokus eines Forschungsverbundes, zu dem neben der Universität Leipzig auch die Universitäten in Bremen und Köln sowie das Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung und TROPOS gehören. Seit 2016 werden dabei mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) die Arktischen Klimaveränderungen untersucht.

Tilo Arnhold

 

Antarctic Circumnavigation Expedition (ACE):

http://spi-ace-expedition.ch/

https://twitter.com/ACE_Expedition

https://www.facebook.com/ACEexpedition/

https://www.instagram.com/ace_expedition/

 

 

Weitere Infos:

Dr. Silvia Henning, Dr. Frank Stratmann
Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS), Tel. +49-341-2717-7321, -7142
https://www.tropos.de/institut/ueber-uns/mitarbeitende/silvia-henning/
http://www.tropos.de/institut/ueber-uns/mitarbeitende/frank-stratmann/


und


Dr. Julia Schmale
Paul Scherrer Institut (PSI)
Tel. +41-56-310-4967


www.psi.ch/lac/julia-schmale


Expeditionsblog von Julia Schmale (in Englisch):
https://www.psi.ch/lac/ace-space-blog


oder


Tilo Arnhold, TROPOS-Öffentlichkeitsarbeit
Tel. +49-341-2717-7060


www.tropos.de/aktuelles/pressemitteilungen/

 

 

Links:

Auf zur Runde um die Antarktis! (Pressemitteilung der ETH Zürich vom 16.11.16):


www.ethz.ch/de/news-und-veranstaltungen/eth-news/news/2016/11/start-der-antarktisumrundung.html


Porträt von Julia Schmale auf der PSI-Webseite:


www.psi.ch/media/die-freiluft-forscherin

 

FS Akademik Tryoshnikov
https://en.wikipedia.org/wiki/Akademik_Tryoshnikov
http://ocean.extech.ru/ships/index.php
lightproduction.ru/catalog/by-tag/unity/info-interaktiv-nes-akademik-treshnikov-

 

DFG-TR 172 Arktische Verstärkung:
Millionenförderung für DFG-Sonderforschungsbereich zu “Arktischen Klimaveränderungen”
https://www.tropos.de/aktuelles/pressemitteilungen/details/millionenfoerderung-fuer-dfg-sonderforschungsbereich-zu-arktischen/
http://www.ac3-tr.de/wp-content/uploads/2016/06/flyer_de_web.pdf
http://www.ac3-tr.de/

 

Multidisciplinary drifting Observatory for the Study of Arctic Climate (MOSAiC)


www.mosaicobservatory.org/index.html

 

 

Das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS) ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft, die 88 selbständige Forschungseinrichtungen verbindet. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen.
Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Forschung, auch in den übergreifenden Leibniz-Forschungsverbünden, sind oder unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer, vor allem mit den Leibniz-Forschungsmuseen. Sie berät und informiert Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit.


Leibniz-Einrichtungen pflegen enge Kooperationen mit den Hochschulen - u.a. in Form der Leibniz-WissenschaftsCampi, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 18.500 Personen, darunter 9.300 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,7 Milliarden Euro.


www.leibniz-gemeinschaft.de

 

Auf dem russischen Forschungseisbrecher "Akademik Tryoshnikov" will die Expedition in den kommenden Monaten die Antarktis umrunden. Foto: AARI

Auf dem russischen Forschungseisbrecher "Akademik Tryoshnikov" will die Expedition in den kommenden Monaten die Antarktis umrunden. Foto: AARI

Bei der Antarktis-Umrundung fahren drei WissenschaftlerInnen des TROPOS mit auf der „Akademik Tryoshnikov“,. Da die Expedition insgesamt drei Monate dauern wird, haben sich die Wolkenforscher vom TROPOS diese Aufgabe nach Ozeanen aufgeteilt. Quelle: S

Bei der Antarktis-Umrundung fahren drei WissenschaftlerInnen des TROPOS mit auf der „Akademik Tryoshnikov“. Da die Expedition insgesamt drei Monate dauern wird, haben sich die WolkenforscherInnen vom TROPOS diese Aufgabe nach Ozeanen aufgeteilt. Quelle: SPI

Die Messtechnik für Aerosole und Wolken an der Reeling angebracht des russischen Forschungseisbrechers Akademik Tryoshnikov angebracht, um möglich frei die Luft in der Antarktis untersuchen zu können. Foto: Silvia Hennig, TROPOS

Die Messtechnik zur Probenahme für Aerosole und Wolken wurde an der Reeling des russischen Forschungseisbrechers "Akademik Tryoshnikov" angebracht. Foto: Silvia Henning, TROPOS

Der Container mit der Aerosolmesstechnik ging in Bremerhaven an Bord des russischen Forschungseisbrechers Akademik Tryoshnikov. Foto: Silvia Hennig, TROPOS

Der Container mit der Aerosolmesstechnik ging in Bremerhaven an Bord des russischen Forschungseisbrechers "Akademik Tryoshnikov". Foto: Silvia Henning, TROPOS