Neues Laborgebäude für Experimente zur Atmosphärenchemie übergeben

Leipzig, 09.11.2017

Neubau enthält deutschlandweit einmalige Doppelkammer

Leipzig. Das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS) hat ein weiteres modernes Laborgebäude erhalten. Der Neubau für Experimente zur Chemie der Atmosphäre wurde am Mittwoch, den 9. November 2017, von Dr. Eva Maria Stange, Sächsische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst, übergeben. Gebäude und Ausstattung wurden vom Bund und dem Freistaat Sachsen mit insgesamt 9,3 Millionen Euro finanziert. Der Neubau im Wissenschaftspark Leipzig ersetzt Teile des alten Laborgebäudes, das noch aus der Vorwendezeit stammt und zuletzt in den 1990er Jahren saniert wurde. Gleichzeitig wird damit die provisorische Unterbringung der Leipziger Aerosolkammer in ein festes Gebäude überführt und ausgebaut. Die neue Doppelkammer wird die einzige ihrer Art in Deutschland sein. Damit werden die Voraussetzungen geschaffen, die weltweit führende Rolle der Leipziger Arbeitsgruppe auf dem Gebiet von Multiphasenprozessen in der Atmosphärenchemie zu halten. Die Untersuchungen helfen unter anderem, den Klimawandel besser zu verstehen oder praktische Empfehlungen zur Verbesserung der Luftqualität in Städten zu geben.

 

 

„In den vergangenen Jahren hat sich Leipzig mit dem Institut für Meteorologie der Universität Leipzig und dem Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS) zu einem international bedeutenden Zentrum der Wolkenforschung entwickelt. Das TROPOS mit seinen Aerosollaboren ist beispielsweise das Weltkalibrierzentrum für die physikalische Beschreibung von Aerosolen. Eine Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Arbeit des TROPOS-Instituts ist eine hervorragende und dem aktuellen Stand entsprechende Laborausstattung. Bereits für die Errichtung des Wolkenlaborgebäudes, in dem im Frühjahr eine weltweit einzigartige Anlage in Betrieb genommen wurde, haben Bund und Freistaat Sachsen, die das Institut gemeinsam fördern, umfangreiche zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt. Nun kann der Neubau eines weiteren Laborgebäudes feierlich übergeben werden, der ebenfalls von Bund und Land gemeinsam finanziert wurde. Damit werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, die weltweit führende Rolle der Leipziger Arbeitsgruppe auf dem Gebiet von Multiphasenprozessen in der Atmosphärenchemie zu festigen, das heißt bei der Untersuchung chemischer Prozesse mit Aerosolpartikeln und Wolken in den untersten Luftschichten der Atmosphäre bis in etwa zehn Kilometern Höhe“, sagte Staatsministerin Dr. Eva-Maria Stange zur Übergabe des neuen Laborgebäudes.

 

TROPOS betreibt in Leipzig neben einer Reihe kleinerer vor allem zwei größere Versuchsanlagen: Das Wolkenlabor LACIS untersucht seit 2006 die physikalischen Prozesse beim der Wolkenbildung. Die Leipziger Aerosolkammer LEAK untersucht seit 2004 die chemischen Prozesse in der Atmosphäre. Dazu zählt beispielsweise der Abbau von Luftschadstoffen durch Sonneneinstrahlung. Beide Labore sind seit 2017 Teil der Forschungsinfrastruktur EUROCHAMP-2020, in der die Europäische Union die besten europäischen Simulationskammern vereint, um sie zu einer weltweit führenden Infrastruktur für Forschung und Innovation in den Atmosphärenwissenschaften zu entwickeln. Bisher war die Leipziger Aerosolkammer LEAK provisorisch in einer Leichtmetallhalle untergebracht, die kaum Wärmedämmung bietet. Mit dem Umzug in ein richtiges Laborgebäude erhalten nun sowohl die empfindlichen Messgeräte als auch die Forschenden optimale Umgebungsbedingungen. Gleichzeitig verkürzen sich die Wege deutlich, da die zur großen Kammer gehörenden kleinen Labore dann im gleichen Gebäude untergebracht sein werden. „Die Erweiterung von einer einfachen auf eine doppelte Kammer bietet uns außerdem neue Möglichkeiten: Damit können wir beispielsweise einen Parameter verändern und durch den parallelen Vergleich wesentlich schneller Unterschiede erkennen. Diese doppelte Kammer wird die erste dieser Art in Deutschland sein. Weltweit gibt es eine ähnliche Anlage bisher nur im spanischen Valencia“, erklärt Prof. Hartmut Herrmann, der als Leiter der Abteilung Chemie der Atmosphäre den Neubau konzipiert hat.

 

Neu dazu kommen auch Reinraumlabore, die hauptsächlich für Untersuchung von Proben genutzt werden, mit denen die komplexen Wechselwirkungen zwischen den Ozeanen und der Atmosphäre untersucht und so neue Erkenntnisse zum Klimawandel gewonnen werden. Neben einen Tiefkühllager für Luftproben von verschiedenen Kontinenten und Ozeanen beherbergt der Neubau nun auch das Kalibrierungszentrum für Organische Spuren und Aerosolbestandteile (OGTAC-CC), das wie das ebenfalls am TROPOS beheimatete Weltkalibrierungszentrum für Aerosolphysik (WCCAP) Teil von EUROCHAMP-2020 ist. „Insgesamt wird der Neubau die Arbeitsmöglichkeiten schaffen, um die Mission unseres Institutes umzusetzen. Dazu gehört auch, dass wir die troposphärischen Multiphasenprozesse von der molekularen Ebene bis hin zur Regionalskala mit Experimenten entlang der Grenze des technisch machbaren innerhalb der kommenden Jahrzehnte verstehen wollen.“

 

 

Nach zwei Jahrzehnten Forschung stand eine Sanierung des alten Laborgebäudes 23.2 an. Die Kosten dafür hätten etwa zwei Millionen Euro betragen, aber bestehende Provisorien fortgeführt und das Problem der nicht mehr zeitgemäßen Nutzflächen in den alten Laboren nicht gelöst. Daher beschloss das Kuratorium des TROPOS, die für die Sanierung des alten Gebäudes eingesparten Mittel als Startkapital für ein neues Laborgebäude 23.6 einzusetzen. Das neue Gebäude kostete insgesamt 9,4 Millionen Euro, die vom Bund und vom Freistaat Sachsen vollständig getragen wurden. Die gesamte Laborfläche für die Abteilung Chemie der Atmosphäre erhöht sich dadurch von 850 auf 1370 Quadratmeter deutlich. Die frei gewordenen Flächen im alten Laborgebäude werden später unter anderem als Büro- und Seminarräume weiter genutzt.

 

Der Entwurf für den Laborneubau stammt vom renommierten Architektenbüro Schulz und Schulz, deren Neubau der für die Katholische Propsteikirche St. Trinitatis gegenüber des Neuen Rathauses Leipzig 2015 international im Gespräch war. Das Institut für Troposphärenforschung arbeitet schon seit 2003 mit Schulz und Schulz zusammen an der sukzessiven Erweiterung des eigenen Forschungsstandortes im Wissenschaftspark in der Permoserstraße. In dieser Zeit entstanden u.a. das viel gelobte Wolkenlabor (2005) und ein Multifunktionsgebäude (2011). Die besondere Qualität der Gebäude wurde vielfach durch unabhängige Jurys bei Architekturpreisen bestätigt. So wurde das Wolkenlabor 2007 mit den Architekturpreisen der Stadt Leipzig sowie des Bundes Deutscher Architekten BDA Landesverband Sachsen ausgezeichnet und erhielt eine Anerkennung im Rahmen des Deutschen Architekturpreises.

 

Schulz und Schulz konnten sich auch 2014 mit ihrer Arbeit für einen Laborneubau durchsetzen und wurden für die aktuelle Ausbaustufe des TROPOS ausgewählt. Struktur und Gestaltung des Neubaus orientieren sich in Materialität und Oberflächengestaltung am Wolkenlabor sowie dem Multifunktionsgebäude und stärken das bauliche Gesamtbild des TROPOS. „Der hochmoderne Neubau ist auf die Anforderungen der wissenschaftlichen Arbeitswelten ausgerichtet, zu denen u.a. die optimale Tageslichtversorgung und die funktionale Versuchsanordnung zählen. Die systematische Vorfertigung der baulichen Hülle als besonders effiziente Sandwichbauweise, bei der Tragstruktur, Dämmschicht und Fassade oberflächenfertig auf die Baustelle geliefert und innerhalb kürzester Zeit montiert wurden, fokussiert auf eine optimale Balance von Kosten, Terminen und Qualitäten.  Innerhalb einer nur 17-monatigen Bauzeit ist eine High-Tech-Forschungsmaschine entstanden, deren Baukonstruktion lediglich 37 Prozent der Bauwerkskosten beansprucht“, sagt Architekt Prof. Ansgar Schulz (Schulz und Schulz). Besonders ist auch die von technischen Anlagen dominierte Dachlandschaft, die als externes Freiluftlabor für Langzeitversuche konzipiert ist und das Image der modulartig gereihten und gestapelten Laboreinheiten prägt.

 

Der Tiefbau für das neue Gebäude begann im September 2015. Richtfest für den Rohbau wurde am 23. März 2016 gefeiert. Anschließend folgte der Innenausbau und die Haustechnik; 2017 die Labortechnik und die Inbetriebnahme. „Insgesamt sind von der ersten Idee bis zur Fertigstellung nur sechs Jahre vergangen, was für ein High-Tech-Gebäude dieser Art sehr schnell ist. Möglich wurde dies nur durch die professionelle Zusammenarbeit mit vielen Partnern – angefangen bei den Geldgebern beim Bund und Land, über das Architektenteam von Schulz und Schulz und die Baubehörden bis hin zur Naumburger Baugesellschaft und den weiteren ausführenden Baufirmen. Allen diesen Partnern gilt daher unser Dank“, unterstreicht Claudia Kostka, Verwaltungsleiterin des TROPOS. Prof. Andreas Macke, Direktor des TROPOS, ergänzt: "Wir sind Bund und Land dankbar, mit dieser Investition die Weitsicht gezeigt zu haben, langfristig angelegte Infrastrukturen zu ermöglichen, die sich für Forschung und Gesellschaft auszahlen werden. Der Neubau bringt nun große Verbesserungen in der Laborinfrastruktur und wird so dazu beitragen, dass offene Fragen vom Klimawandel in der Arktis bis hin zur Luftqualität in Sachsen Städte schneller beantwortet werden können. Tilo Arnhold

 

Bildergalerie von Übergabe und Einweihungsfeier:

https://www.tropos.de/index.php?id=865

Bildergalerie vom Neubau:

https://www.tropos.de/index.php?id=866&L=0

 

 

Weitere Infos:

Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS)

Prof. Hartmut Herrmann, Leiter Abteilung Chemie der Atmosphäre

Tel. +49-341-2717-7024

http://www.tropos.de/institut/ueber-uns/mitarbeitende/hartmut-herrmann/

und

Claudia Kostka, Leiterin Verwaltung

Tel. +49-341-2717-7161

http://www.tropos.de/institut/ueber-uns/mitarbeitende/

oder

Tilo Arnhold, Öffentlichkeitsarbeit

Tel. +49-341-2717-7189

http://www.tropos.de/aktuelles/pressemitteilungen/

 

 

 

Links:

Leipziger Aerosolkammer (LEAK)

http://www.tropos.de/forschung/grossprojekte-infrastruktur-technologie/technologie-am-tropos/aerosolversuchsanlagen/leak/

http://www.eurochamp.org/chambers/leak/index.html

 

Eurochamp (European Simulation Chambers for Investigating Atmospheric Processes):

http://www.eurochamp.org/chambers/index.html

https://www.tropos.de/aktuelles/pressemitteilungen/details/leipziger-atmosphaerenlabore-sind-jetzt-partner-von-eurochamp-2020/

 

Architekturbüro Schulz und Schulz

http://schulz-und-schulz.com/

 

 

 

 

Das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS) ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft, die 91 selbständige Forschungseinrichtungen verbindet. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen.

Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Forschung, auch in den übergreifenden Leibniz-Forschungsverbünden, sind oder unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer, vor allem mit den Leibniz-Forschungsmuseen. Sie berät und informiert Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit.

Leibniz-Einrichtungen pflegen enge Kooperationen mit den Hochschulen - u.a. in Form der Leibniz-WissenschaftsCampi, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 18.700 Personen, darunter 9.500 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,8 Milliarden Euro.

http://www.leibniz-gemeinschaft.de

 

Foto: (c) Gustav Willeit / Schulz und Schulz, Leipzig

Foto: (c) Gustav Willeit / Schulz und Schulz, Leipzig

Foto: (c) Gustav Willeit / Schulz und Schulz, Leipzig

Foto: (c) Gustav Willeit / Schulz und Schulz, Leipzig

Foto: (c) Gustav Willeit / Schulz und Schulz, Leipzig

Foto: (c) Gustav Willeit / Schulz und Schulz, Leipzig