Die experimentellen Untersuchungen wurden und werden schwerpunktmäßig unter Verwendung des „Leipzig Aerosol Cloud Interaction Simulator“ (LACIS) durchgeführt. Es steht dem Institut auch ein „Spectrometer for Ice Nuclei“ (SPIN) zur Verfügung. Während die Stärke von LACIS in Untersuchungen zum Immersionsgefrieren liegt erlaubt SPIN die Betrachtung von Depositionsgefrierprozessen.
Am TROPOS werden intensive Laboruntersuchungen zum Thema der heterogenen Eisbildung durchgeführt (besonders im Rahmen der Forschergruppe INUIT in den Jahren 2012-2018). Die Ziele der Untersuchungen sind:
- Besseres Verständnis bzgl. der fundamentalen Prozesse, sowie der wichtigen Parameter und Größen, die das heterogene Gefrieren von Wolkentropfen kontrollieren
- Identifizierung von Aerosolpartikeln und Substanzen, die in der Atmosphäre als Eiskeime dienen
- Quantifizierung des Eisnukleationsverhaltens atmosphärenrelevanter Eiskeime, z.B. über die Bestimmung von Nukleationsraten
- Bereitstellung von Modellen und Parameterisierungen für den Einsatz in größerskaligen atmosphärischen Modellen
In den vergangenen Jahren wurde unter Verwendung von LACIS das Eisnukleationsverhalten von speziell Mineralstaub und biologischen Partikeln untersucht und quantifiziert. Betrachtet wurden hierbei jeweils grössenselektierte Partikel, die entweder rein oder mit unterschiedlichen Substanzen beschichtet (Schwefelsäure, Bernsteinsäure, Levoglukosan) vorlagen. Die wichtigsten bei den durchgeführten Untersuchungen gewonnenen Ergebnisse und Erkenntnisse sind:
- Von allen untersuchten Mineralstaubpartikeln (Grösse: einige hundert Nanometer bis einige Mikrometer) waren Partikel eines Feldspats (genauer Mikroklin, ein K-Feldspat) deutlich eisaktiver als Partikel von Arizona Test Dust, Kaolinit und Illit, und es wurde generell gefunden, dass die Eisaktivität mit der Oberfläche skaliert (zum Vergleich siehe z.B. Niedermeier et al. (2010), Wex et al. (2014), Augustin-Bauditz et al. (2014) und Hartmann et al. (2016)).
- Die Eisaktivität ALLER Mineralstaubpartikel (auch des Mikroklins) wurde auf gleiche Werte reduziert, nachdem sie mit Schwefelsäure beschichtet worden waren (Ergebnisse verschiedener Studien sind in Augustin-Bauditz et al. (2014) zusammengefasst), und entsprechend kann auch angenommen werden, dass eine Abnahme der Eiskeimfähigkeit von Mineralstaubpartikeln durch atmospärische Alterung statt findet.
- Messungen die für Untersättigung bezüglich Wasserdampf gemacht wurden, konnten durch eine Parameterisierung beschrieben werden, die für Immersionsgefrieren abgeleitet worden war, unter einer entsprechenden Berücksichtigung einer wasseraktivitäts-abhängigen Gefrierpunktserniedrigung (Wex et al. (2014)).
- Biologische Eiskeime sind Makromoleküle, z.B. Proteinkomplexe in der Membran der Zellen von Bakterien, Polysaccaride bei Pollen und Proteine bei Pilzen, wobei die letzteren beiden einfach von den entsprechenden Pollen oder Pilzsporen abgewaschen werden können. Basierend auf LACIS Messungen bestimmten wir die Eisnukleationsraten einzelner Makromoleküle (Hartmann et al. (2013) für P. syringae Bakterien und Augustin et al. (2013) für zwei Arten von Birkenpollen). Zusätzlich wurde das Eisnukleationsverhalten von künstlich hergestellten eisaktiven Proteinen untersucht (Ling et al. (2018)).
- Verschiedene eisaktive biologische Makromoleküle sind bei verschiedenen Temperaturen aktiv und es wurde gefunden, dass die Grösse der Makromoleküle mit der Grösse des kritischen Eiskeims bei den entsprechenden Temperaturen in Zusammenhang steht (Pummer et al. (2015)).
- Die LACIS-Messungen zeigen klar, dasseisaktive biologische Markomoleküle getrennt von ihrem Träger existieren können, ohne ihre Eiskeimfähigkeit zu verlieren. Dadurch kann eine Akkumulation dieser eisaktiven Entitäten, z.B. in Böden, und deren Eintrag in die Atmosphäre z.B. über windbedingte Bodenerosionsprozesse stattfinden. Entstehende Mischpartikel aus einem Staubkorn und einem biologischen Makromolekül entsprechen in ihrer Eisaktivität genau dem des biologischen Makromoleküls. Derartige Prozesse können die Bedeutung von biogenen Eiskeimen in der Atmosphäre maßgeblich erhöhen, werden aber in atmosphärischen Modellen zur Zeit nicht berücksichtigt (Augustin-Bauditz et al. (2016)).
- Asche Partikel aus verschiedenen Quellen wurden untersucht, darunter Aschen die als Verbrennungsrückstände bei Holzverbrennung entstanden, als auch solche die bei Kohleverbrennung in Kohlekraftwerken emittiert werden (Grawe et al. (2016), Grawe et al. (2018)). Die Partikelerzeugung hatte einen großen Einfluss auf die erhaltenen Ergebnisse, wobei trocken dispergierte Kohle-Flug-Aschen die höchste Eisaktivität zeigten, ähnlich der von Mineralstaubpartikeln. Ein Teil der Eisaktivität der Kohle-Flug-Aschen konnte durch das Vorhandensein von Anhydrit (kristallwasserfreies CaSO4) und CaO erklärt werden (Grawe et al. (2018)).
- Immersionsgefriermessungen, die mit unterschiedlichsten Messgeräten gemacht worden waren, wurden verglichen und zeigten vergleichbare Ergebnisse für biologische Eiskeime (Snomax) in Wex et al. (2015)), für Mineralstaubpartikel (Illit) in Hiranuma et al. (2015)) und für eine Reihe weiter Partikelarten in Burkert-Kohn et al. (2017).
- Verschiedene Parameterisierungen unserer Daten wurden angewendet, von zeitunabhängigen Parameterisierungen (e.g., Wex et al. (2014) und Augustin-Bauditz et al. (2014)) bis hin zum Soccer Ball Model (Niedermeier et al. (2011b), Niedermeier et al. (2014), Niedermeier et al. (2015)) welches auf klassischer Nukleationstheorie basiert. Obwohl Eisnukleation klar ein stochastischer Prozess ist, spielt dabei die Temperatur eine weitaus wichtigere Rolle als die Zeit.
Literatur*:
*(Zusammenfassung aller LACIS-Veröffentlichungen zum Thema Eisnukleation)
Augustin et al. (2013), Immersion freezing of birch pollen washing water, Aerosol Chem. Phys., 13, 10989–11003.
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Augustin-Bauditz et al. (2016), Laboratory-generated mixtures of mineral dust particles with biological substances: characterization of the particle mixing state and immersion freezing behavior, Atmos. Chem. Phys., 16, 5531–5543, doi:10.5194/acp-16-5531-2016.
Burkert-Kohn et al. (2017), Leipzig Ice Nucleation chamber Comparison (LINC): Inter-comparison of four online ice nucleation counters, Atmos. Chem. Phys., 17, 11683 - 11705, doi:10.5194/acp-17-11683-2017.
Clauss et al. (2013), Application of linear polarized light for the discrimination of frozen and liquid droplets in ice nucleation experiments, Atmos. Meas. Tech., 6, 1041-1052.
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Grawe et al. (2018), Coal fly ash: Linking immersion freezing behavior and physico-chemical particle properties, doi:10.5194/acp-2018-583.
Hartmann et al. (2011), Homogeneous and heterogeneous ice nucleation at LACIS: Operating principle and theoretical studies, Atmos. Chem. Phys., 11, 1753–1767.
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