Primäres marines Aerosol (PMA) bestehend aus Seesalz und organischen Anreicherungen dominiert die Aerosolmasse über den Ozeanen und hat daher einen starken Einfluss auf alle atmosphärischen Prozesse, bei denen Aerosole beteiligt sind. Mit 3 bis 18 Tg/Jahr weist es die höchsten Emissionsraten aller Aerosolarten auf, hat aber auch die größten Unsicherheiten bei der Quantifizierung des Beitrags zur globalen Aerosolbelastung sowie der globalen Emissionsraten. Die Emission von PMA erfolgt durch das Platzen von Luftblasen an der Meeresoberfläche, die infolge brechender Wellen entstanden sind. Dieser Prozess wird von vielen Parametern beeinflusst, wobei die Windgeschwindigkeit als der dominierende Faktor bestimmt wurde. In den letzten Jahren wurde der Einfluss der Meeresoberflächentemperatur auf diesen Prozess näher betrachtet, so dass inzwischen mehrere Funktionen existieren, die es erlauben, den Einfluss dieses Effektes in Modelle zu integrieren. Dabei stimmen Modellergebnisse besser mit Messwerten überein, wenn der Temperatureffekt beachtet wird.

In den am TROPOS verwendeten Atmosphärenmodellen wird die Aerosolgrößenverteilung wird mit einem auf der spektralen Masse basierenden Ansatz beschrieben, der 15 logarithmisch unterteilte Bins von 10 nm bis 10 µm verwendet. Die PMA-Emissionsraten schließen sowohl Meersalz als auch organisches Material ein. 

Abb. 1: Natriumkonzentration in PM10, berechnet mit (rot) und ohne (blau) Temperaturabhängigkeit der PMA Emisisonen für Auchencorth Moss (links) und Sao Vincente (rechts) im Vergleich mit Beobachtungen (schwarz).

Die temperaturabhängige PMA Parametrisierung wurde für Fallstudien, die mit in-situ Messungen verglichen werden können, in das Regionalmodell COSMO-MUSCAT implementiert (Abb. 1), sowie in das globale Aerosol-Klimamodell ECHAM-HAM um die globale Verteilung und den Klimaeinfluss der neuen PMA Parametrisierung zu testen (Abb. 2).

Abb. 2: Vergleich der Modellergebnisse des globalen Aerosol-Klimamodells ECHAM-HAM mit Beobachtungen im Rahmen mariner Messungen der aerosoloptischen Dicke im AERONET Maritime Aerosol Network. (Abbildung aus Tegen et al., 2019, doi.org/10.5194/gmd-12-1643-2019).

Neben Meersalz enthält PMA auch organische Anteile, die sich in Oberflächenfilmen an der Meeresoberfläche ansammeln und mit dem Aerosol emittiert werden. Es wird vermutet, dass diese Aerosolanteile eisnukleierende Eigenschaften haben und somit relevant für Klima und Niederschlagsbildung sind. Das primär emittierte marine organische Aerosol stehen vor allem im Fokus der Forschungsarbeiten zur arktischen Verstärkung. Konkret wird an einem erweiterten Emissionsschema für den Ozean gearbeitet, das unterschiedliche organische Speziesgruppen berücksichtigt. Insbesondere potenziell eisaktive Verbindungen wie marine Kohlenhydrate sind von Interesse. Anders als bisher soll zudem der organische Anteil getrennt von Meersalz behandelt werden, um Unterschiede in der Größenpopulation und der Fähigkeit zur Wolkenaktivierung zu berücksichtigen. In die Arbeiten fließen intensive Messungen von Kollegen aus der Abteilung Atmosphärenchemie auf den Kapverden und in der Arktis ein, unter anderem von der MOSAiC Driftexpedition 2019/20.

Abb. 3: Darstellung zur Entstehung primären marinen Aerosols (PMA). Organische Substanzen reichern sich an aufsteigenden Luftblasen im oberflächennahen Wasser (engl.: bulk water, BLK) und Oberflächenfilm (engl.: sub-micro layer, SML) an und gelangen zusammen mit Meersalz durch Gischtbildung als Aerosolpartikel in die Atmosphäre. Je nach chemisch-physikalischen Eigenschaften können sie dort die Wolken- und Niederschlagsbildung beeinflussen.