Raman-Lidar-Systeme detektieren zusätzlich zur Rückstreuung bei der ausgesendeten Wellenlänge (elastische Rückstreuung) auch Signale bei anderen Wellenlängen. Diese Signale entstehen dadurch, dass die das Licht rückstreuenden Moleküle einen Teil der Energie des Photons aufnehmen oder ihm zusätzliche Energie hinzugeben (inelastische Streuung). Die Moleküle ändern bei der inelastischen Streuung ihren Vibrations- und/oder Rotationszustand (Raman-Prozess). Das zurückgestreute Licht erfährt durch diese Energieänderung eine Frequenzverschiebung, die charakteristisch für das streuende Molekül ist - In Abbildung 1 schematisch am Beispiel der Raman-Streuung des Stickstoffs zu sehen.
Raman Lidar
Raman-Lidar-Prinzip
Die Frequenzverschiebungen sind aus der Energiedifferenz der am Streuprozess beteiligten Vibrations-Rotationszustände des Moleküls berechenbar und ergeben sich nach dem in Abbildung 2 dargestellten Schema.
Die Wirkungsquerschnitte für Ramanstreuung sind um einige Größenordnungen geringer als die für elastische Streuprozesse. Raman-Lidare arbeiten daher mit hohen Laserpulsenergien, relativ großen Teleskopen und effizienten Detektoren auf der Basis des Einzelphotonennachweises. Abbildung 3 zeigt das atmosphärische Ramanspektrum für eine Anregungswellenlänge von 355 nm.
Dual-Field-of-View Lidar
Die dual-field-of-view (dual-FOV) Raman Lidar Technik ermöglicht die Ermittlung von mikrophysikalischen Eigenschaften von Wolken. Profile des Extinktionskoeffizienten und des effektiven Tröpfchenradius können in Wolken bis zu einer Eindringtiefe von 150 bis 250 m bzw. einer optischen Dicke von 2 bis 3 bestimmt werden. Mithilfe dieser Größen können Profile des Flüssigwassergehalts (LWC) sowie der Tröpfchenanzahlkonzentration (CDNC) berechnet werden. Diese vier Wolkeneigenschaften, die bestimmt werden können, sind für die Abschätzung der Strahlungsbilanz von Wolken von großer Bedeutung. Damit stellt die dual-FOV Raman Lidar Technik in Kombination mit konventionellen Lidartechniken für die Bestimmung von Aerosoleigenschaften, einen geeigneten Ansatz für die Untersuchung von Aerosol-Wolken Wechselwirkungen dar.
Grundlage dieser Technik ist die Messung von mehrfach gestreutem Licht. Bei Lidarmessungen von Wasserwolken wird ein großer Teil des an Wolkentröpfchen gestreuten Lichts in die Vorwärtsrichtung gestreut. Daraus resultieren Mehrfachstreuprozesse, die die Kombination eines oder mehrerer Vorwärtsstreuereignisse mit einem Rückstreuereignis beschreiben. Da der Streuwinkel bei der Vorwärtsstreuung eineindeutig von der Größe des streuenden Tröpfchens abhängt, beinhaltet die Winkelverteilung des rückgestreuten Lichts Informationen über die Tröpfchengröße.
Abb.4: Detektion von Mehrfachstreuung mit zwei Gesichtsfeldern.
Diese Information wird bei dual-FOV Raman Lidar Messungen genutzt. Es wird mit zwei, koaxial ausgerichteten Gesichtsfeldern gearbeitet, wie in Abbildung 4 dargestellt. Die gemessenen Wolkensignale werden mithilfe eines Vorwärtsiterations Algorithmus verarbeitet. Dieser wurde im Rahmen einer Kooperation an der Akademie der Wissenschaften in Weissrussland entwickelt und kann zur Bestimmung der oben genannten Wolkeneigenschaften genutzt werden.
Ein besonderes Merkmal dieser Messtechnologie ist die Detektion von Raman gestreutem Licht in beiden Gesichtsfeldern. Dadurch wird sichergestellt, dass nur Licht detektiert wird, dass an einem Stickstoff-Molekül inelastisch zurückgestreut wird. Die entsprechende homogene Streuphasenfunktion vereinfacht deutlich die Datenauswertung.
Abb. 5: Spiegelblende zur Detektion von Signalen bei zwei Gesichtsfeldern.
Das gleichzeitige Messen mit zwei Gesichtsfeldern wird durch die Nutzung einer Spiegelblende anstatt einer herkömmlichen Blende ermöglicht. Die Blende, die in Abbildung 5 dargestellt ist, besteht aus einem Spiegel, der unter 45° im Strahlengang steht. Eine elliptische Bohrung dient als Blende und legt die Größe des inneren Gesichtsfelds fest. Licht, das außerhalb dieses Gesichtsfelds zurückgestreut wird, wird in die Nachweiskanäle des äußeren Gesichtsfelds reflektiert. Eine elliptische Abdeckung definiert die Größe des äußeren Gesichtsfelds.
Literatur
Wandinger, U. (2005), Raman lidar, in Lidar - Range-resolved optical remote sensing of the atmosphere, C. Weitkamp (Ed.), Springer, New York.
Anwendungen
Da die Population der Energieniveaus einer Boltzmann-Verteilung folgt, beinhaltet die Intensitätsverteilung innerhalb der Ramanbanden Information über die Temperatur des Streuvolumens. Eine Anwendung des Raman-Lidars ist deshalb die Messung von atmosphärischen Temperaturprofilen.
Die Änderung des Vibrationszustands resultiert in Frequenzverschiebungen von einigen Hundert bis einigen Tausend Wellenzahlen (abhängig von dem Raman-aktiven Molekül). Spektral aufgelöste Analysen von rückgestreuter Strahlung erlauben deshalb im Prinzip die Messung von verschiedensten atmosphärischen Spezies. Dennoch begrenzt der vergleichsweise kleine Raman-Querschnitt eine bedeutende Nutzung auf Gase, die in relativ hohen Konzentrationen vorliegen.
Das Raman-Lidar wird in breitem Umfang zur Messung von atmosphärischem Wasserdampf genutzt. Ramanstreuung von Gasen bekannter Anzahlkonzentration (Sauerstoff, Stickstoff) kann als atmosphärische Referenz benutzt werden. Raman-Stickstoff- oder Sauerstoffsignale dienen deshalb zur Ableitung von Aerosol-Extinktionsprofilen oder zur Bestimmung von Ozonkonzentrationen nach der Raman-DIAL-Methode.
Kontakte
Dr. Albert Ansmann
Mitarbeitende (wiss.)
Dr. Ulla Wandinger
Stellv. Abteilungsleitung
Dr. Dietrich Althausen
Mitarbeitende (wiss.)
Dr. Holger Baars
Mitarbeitende (wiss.)